Emanuel Swedenborg


Emanuel Swedenborg

Emanuel Swedberg wurde am 29. Januar 1688 in Stockholm als zweiter Sohn des Bischofs von Skara, Jesper Swedberg, geboren. Universitätsstadt Uppsala Als junger Mann begann er sein Studium an der Universität Uppsala und reichte dort am 1. Juni 1709 seine Dissertation ein. Nach seinem Studienabschluss wandte er sein Hauptinteresse den exakten, besonders den mathematischen Wissenschaften zu.

Noch im gleichen Jahr reiste er ins Ausland, um dort die neuesten Entdeckungen auf dem Gebiet der mathematischen, physikalischen und anderer Naturwissenschaften zu studieren. Er suchte den ,,Archimedes des Nordens", Christoph Polhem, auf, der ihn über seine Erfindungen auf den aktuellsten Stand setzte. ,,Wir fanden großes Gefallen aneinander", schreibt Polhem an Swedenborgs Schwager Benzelius, ,,besonders als ich ihn fähig fand, mir in meinen mechanischen Arbeiten zu helfen und die dabei nötigen Experimente zu machen. Hierbei verdanke ich ihm mehr als er mir."

Nebenbei bemerkt, verlobte sich Swedenborg mit der jüngsten Tochter Polhems, als er sich aber von ihr nicht wahrhaft geliebt fühlte, gab er ihr ihr Wort zurück und blieb sein ganzes Leben lang Junggeselle.

Im Jahr 1710 reist Swedenborg nach London. Seinem Schwager und Gönner Benzelius schrieb er: ,,Ich studiere täglich Newton und es verlangt mich sehr, ihn zu sehen und zu hören." Dieses Vergnügen war ihm wohl nicht vergönnt. Dafür lernte er viele andere berühmte Gelehrte wie z.B. Flamstead, Halley und Woodward kennen. Nach diesem ersten Aufenthalt in England besuchte er Holland, Belgien, Deutschland und Frankreich, wo er in Paris die berühmten Mathematiker Philippe de la Hire und Pierre Varignon traf. ,,Es würde zu weit führen", schreibt Swedenborg, ,,wenn ich alle die Gelehrten erwähnen wollte, die ich auf meinen Reisen besuchte und mit denen ich bekannt wurde, da ich mir nie eine Gelegenheit dazu sowie zum Besuch von Bibliotheken, Sammlungen und anderem, was interessant war, entgehen ließ." Mit mehreren dieser Gelehrten führte Swedenborg auch einen wissenschaftlichen Briefwechsel.

Während seiner ersten Reisen in die verschieden europäischen Länder erfand der junge Gelehrte die unterschiedlichsten Geräte und Maschinen. Skizzen von Swedenborg So entwarf er unter anderem die Pläne eines Unterseebootes, ,,das der feindlichen Flotte großen Schaden zufügen kann", eines neuen Schleusensystems, einer Maschine, die durch siedendes Wasser betrieben wird (erste Skizze einer Dampfmaschine), eines Luftdruckgewehres, das 60-70 Kugeln abschießen konnte, ohne wieder geladen zu werden, eines Flugzeugs, einer Rechenmaschine, einer Quecksilberpumpe, etc.

Nach seiner Rückkehr nach Schweden wurde er im Jahr 1716 zum außerordentlichen Assessor am Königlichen Bergwerkskollegium ernannt. Im Jahr 1717 lehnte er einen Lehrstuhl für höhere Mathematik an der Universität Uppsala ab, um sich ganz seinen Pflichten als Assessor am Bergwerkskollegium widmen zu können. In dieser Tätigkeit erwarb er sich große Verdienste als Ingenieur und Hüttenkundiger. Es ist kaum möglich, all die Verbesserungen aufzuzählen, die Swedenborg im Bergwerksbetrieb seines Vaterlands einführte, und seine Verdienste um Industrie und Künste in Schweden waren unbeschreiblich groß.

Er war eines der Gründungsmitglieder der Königlichen Akademie der Wissenschaften von Schweden. Im Jahr 1718 gab er die erste wissenschaftliche Zeitschrift für Mathematik und Physik in Schweden heraus, den Daedalus Hyperboreus, zu der er zahlreiche Beiträge über technische Themen Skizzen von Swedenborg und wissenschaftliche Fragen beisteuerte. Im selben Jahr veröffentlichte er eine sinnreiche Methode zur Bestimmung der geographischen Länge nach Beobachtungen des Mondes - ein Problem, das die Gelehrten schon längere Zeit beschäftigt hatte. König Karl XII. schlug er die staatliche Einführung eines neuen Maß- und Gewichtssystems vor, welches das Rechnen erleichtern und die Brüche beseitigen sollte. Es handelte sich hier um nichts Geringeres als um das heute geläufige Dezimalsystem. Unter den zahlreichen anderen Vorschlägen, die er dem König unterbreitete, ist auch die Schaffung einer astronomischen Sternwarte und eines Lehrstuhls der Mechanik an der Universität Uppsala sowie der Plan einer Gesellschaft zur Ausfuhr des schwedischen Eisens und Teers. Der König vertraute ihm die Ausführung seines Planes zur Salzerzeugung an, für den Swedenborg neue Apparate ersann und aufstellte. Auch erfand der ideenreiche junge Techniker einen Ofen mit langsamer Verbrennung, eine bis dahin unbekannte Methode, Metalladern zu entdecken, etc.

Als im Jahre 1718 Frederikshald belagert wurde, konnte Swedenborg neue Beweise seiner Ingenieurskunst liefern. Er fand Mittel und Wege, eine gewaltige Schaluppe, 2 Galeeren, und 5 große Boote von Strömsland über Berg und Tal in den Iddefjord zu befördern. Im gleichen Jahr veröffentlichte er zehn Bücher über Algebra, die Differential- und Integralrechnung usw. In diesem Werk behandelte er auch verschiedenste Probleme der Mechanik und Ballistik. In der folgenden Zeit widmete er seine Zeit den Studien auf den Gebieten der Mineralogie, Chemie, Physik und Kosmologie.

Konstruktion eines Fahrstuhls Bereits im Jahr 1719 reichte er dem Kgl. Medizinalkollegium eine der Physiologie und Biologie gewidmete Denkschrift ein, mit dem Titel: ,,Beweis, dass unsere Lebenskraft vornehmlich in kleinsten Schwingungs- oder Wellenbewegungen besteht." Im gleichen Jahr wurde er mit seiner Familie von Königin Ulrike Eleonore geadelt und hieß von nun an Swedenborg. Dadurch bekam er Sitz und Stimme im Herrenhaus, in dem er bis zu seinem Tode ein tätiges Mitglied war, auf dessen Meinung man großen Wert legte.

Im Jahre 1721 erschienen in Amsterdam Schriften zu sehr verschiedenen Themen wie z. B. eine chemisch-physikalische Abhandlung, neue metallurgische Betrachtungen und eine zweite Auflage seiner Methode zur Bestimmung der geographischen Länge nach Beobachtung des Mondes. Nach Schweden zurückgekehrt, nahm er wieder seine Tätigkeit als Assessor am Königlichen Bergwerkskollegium auf. Durch einen königlichen Erlass ermächtigt, begab er sich 1733 nach Dresden und Leipzig, um dort vier wissenschaftliche Bände zu veröffentlichen, deren Manuskript er neben seiner Tätigkeit als Assessor fertiggestellt hatte. In der Folge erschienen die Bände Principia Rerum Naturalium, De Ferro, De Cupro. Die Akademie des Sciences in Paris veröffentlichte den Band "De Ferro" in ihrer Beschreibung der mechanischen Künste, "weil dieses Werk als das Beste über diesen Gegenstand angesehen wurde".

Swedenborgs Werk Principia Der Physikprofessor M. Th. Freneh an der Universität Cincinnati schreibt über Swedenborgs Werk Principia: "Folgende Lehren der modernen Wissenschaft findet man mehr oder weniger bestimmt in den Principia schon dargelegt: Die Atomtheorie (das Atom als kleines Sonnensystem aus Energiekernen, mit Bewegungen nach mathematischen Gesetzen), den Ursprung der Erde und ihrer Schwesterplaneten aus der Sonne, die Wellentheorie des Lichts, die Nebularhypothese, die Lehre, dass Wärme eine Art Bewegung ist, dass Magnetismus und Elektrizität (auch Licht und Elektrizität) eng zusammenhängen, dass Elektrizität eine Form der Ätherbewegung ist und dass die Molekularkräfte von der Wirkung eines Äthermediums herkommen."

Im Jahre 1734 lässt Swedenborg in Leipzig sein Werk Opera Philosophica et Mineralia (Werke zur Philosophie und Mineralogie), drucken, in dem er seine Lehre von den Schwingungen und überhaupt die Lehre seiner Principia auf die Erscheinungen der Biologie anwendet (wie übrigens schon im Jahr 1719). Um dieselbe Zeit versuchte er auch die rein psychologischen Erscheinungen von ähnlichen Grundlagen aus zu erklären. Das Werk über dieses Thema erschien in englischer Sprache unter dem Titel Psychologica. In der folgenden Zeit wandte Swedenborg sein Interesse den Problemen des Daseins der Seele und ihrer Beziehungen zum Körper zu. Der Gedanke, dass der Körper der Sitz der Seele sei, bewog ihn, Anatomie und Physiologie zu studieren. Als erstes Ergebnis seiner Forschungen veröffentlichte er im Jahre 1740 und 1741 in Amsterdam seine zweibändige Oeconomia Regni Animialis (Die Einrichtung des Tierreichs). Dr. Alf Acton bemerkt in diesem Zusammenhang: "Es ist ein bemerkenswerter Zug dieses Werks, welches scheinbar nur das letzte Reich der Natur behandeln will, dass es doch mit den tiefsten Spekulationen über die Schöpfung durch das Unendliche einsetzt. Hier sehen wir die Grundlage von Swedenborgs ganzer späterer Philosophie, von der er nie mehr abschwenkte." Weiter schreibt Dr. Acton: "Darum kann ich auch die Meinung Professor Lamms nicht teilen, wonach Swedenborg unter dem Einfluss von Aristoteles, Plotin, Leibniz usw. die mechanistische und kartesische Auffassung der Principia verlassen und sich einer neuplatonischen Emanationslehre zugewandt habe."

Über die Quellen Swedenborgs gibt A Philosopher's Note Book (Philadelphia 1931) Auskunft. In dieser bedeutenden Urkunde sind alle Auszüge wiedergegeben, die sich Swedenborg im Laufe seiner umfangreichen Lektüre aufgezeichnet hat. Richtig ist, dass Swedenborg seine früheren Theorien durch eine neue "organische" Weltauffassung ergänzt hat. Hier muss man den Worten Lamms recht geben: "Innerhalb seiner naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise macht sich diese organische Auffassung geltend in der durchgängigen Auslegung der Lehre von der Widerspiegelung des Makrokosmos im Mikrokosmos, nach der nicht nur der Mensch, sondern jeder kleinste Teil des Weltalls eine Welt im Kleinen ist, mit demselben Aufbau und denselben Gesetzen wie der Makrokosmos. Die Lehre von den Serien und den Graden dient ja hauptsächlich dazu, diesen organischen Zusammenhang zwischen allem in der Natur näher zu veranschaulichen... Diese Bande der Kontinuität und Analogie, die Hohes und Niederes, Großes und Kleines, Irdisches und Himmlisches zusammenhalten, sind für Swedenborg das Wesentliche seiner Philosophie... Die Aufgabe der Philosophie war und blieb für ihn, die unmerklich dünnen Fäden aufzudecken, die das große Gewebe der Schöpfung bilden." Obwohl die Oeconomia mehr ein naturphilosophisches Werk als eine rein wissenschaftliche Abhandlung ist, findet sich doch darin eine ganze Reihe neuer wissenschaftlicher Ideen, besonders über die Entwicklung des Fötus (Swedenborg war einer der ersten Vorkämpfer der Lehre der Epigenese), die Bewegung des Gehirns, die Rolle der Hirnrinde als Sitz der seelischen Funktionen, die Lokalisation der Sinnes- und Bewegungszentren, die Funktion der Drüsen mit innerer Sekretion usw.

Drei Jahre später (1744/45) veröffentlichte Swedenborg die beiden ersten Bände seines Regnum Animale (Das Tierreich, anatomisch, physikalisch und philosophisch erläutert), eines gewaltigen Werkes in 17 Teilen. "Professor Anders Retzius hat gezeigt, dass man hier (in den anatomischen und physiologischen Werken, besonders in Regnum Animale, das er ein ,Wunderwerk' nennt) Gedanken findet, die den neuesten Zeiten angehören, eine Spannweite, Induktion und Tendenz, die nur mit der von Aristoteles verglichen werden kann. Seitdem haben verschiedene Autoren sich in ähnlicher Weise ausgesprochen, wie Professor Christian Lovén, Professor Martin Ramström, Professor C. G. Santesson, und vor allem Professor Gustav Retzius bei verschiedenen Anlässen.

Die Studie, die Professor Martin Ramström der großartigen Arbeit Swedenborgs über das Gehirn gewidmet hat, ist das Beste, was wir darüber haben. Professor Ramström hebt die drei Thesen dieses Werks hervor, die ihm am meisten aufgefallen sind: 1. die Behauptung, dass die Zentren der seelischen Funktionen sich in der Gehirnrinde befinden, 2. seine Lehre von den Gehirnlokalisationen (die Professor Lamm als epochemachend bezeichnet), 3. die Theorie der Cerebellula oder ursprünglichen Nervenzellen, deren Summe die Gesamtheit der Rinde bildet. Ramström schließt seine Studie folgendermaßen: "Es muss betont werden, dass, als Swedenborg seine Tatsachen aus den zahlreichen und keineswegs zusammenhängenden Gebieten der fachmännischen Literatur sammelte, er sie durchaus nicht in den großen Werken über die Hauptthemen schon dargeboten oder auch nur zur Hand liegend vorfand. Nein, er musste sie oft sozusagen ausgraben, und zwar aus einem Chaos irrtümlicher Beobachtungen, falscher Auslegungen und sonderbarer Vorstellungen; aber er musste noch weiter pflügen, sichten und ausarbeiten, ehe er seine Schlüsse daraus ziehen konnte. Angesichts dessen muss man zugeben, dass es wahrlich eine geniale Leistung war, aus einem solchen Chaos die verborgenen Leitfäden herausziehen und trotz gewisser Unvollkommenheiten so viel Wahrheit herausfinden zu können."

Im Jahre 1745 beendete Swedenborgs seine wissenschaftlichen Tätigkeiten. Schon zu seinen Lebzeiten bewiesen ihm die Gelehrten seiner Heimat und des Auslands die höchste Achtung. So wählte ihn die Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg im Jahr 1734 zu ihrem korrespondierenden Mitglied. Da aber seine Ideen denen seines Jahrhunderts weit vorauseilten, konnten die Gelehrten erst viel später seinem Genie volle Gerechtigkeit erweisen und in vielen Fällen die Priorität seiner Entdeckungen oder Theorien anerkennen. So erklärte der große französische Chemiker Georges Dumas Swedenborg zu einem der Väter der modernen Kristallographie, und Professor Patterson von der Universität Pennsylvania schrieb: "Von vielen Beobachtungen und Experimenten in den Principia über Magnetismus meint man, sie seien sehr viel neueren Datums, und sie werden zu Unrecht moderneren Schriftstellern zugeschrieben."

Swedenborg arbeitete noch an seinem Regnum Animale als er besondere seelische Zustände an sich zu beobachten anfing. Von Juni 1743 an pflegte er sich darüber Notizen zu machen, ebenso wie über die prophetischen und symbolischen Träume, die sich um diese Zeit einstellten. Seine geistige Haltung, die schon immer den göttlichen Dingen gegenüber ehrfurchtsvoll gewesen war, wurde ausgesprochen religiös. Zwischen 1743 und 1745 machte er eine Krise durch, die man mit Recht als mystisch kennzeichnen darf, und in deren Verlauf er sein Herz ganz Gott zuwandte. Das "Tagebuch seiner Träume", begonnen im Dezember 1743 und abgeschlossen im Oktober 1744, unterrichtet uns vollständig über seine damalige Geistesverfassung. Hier sind wir Zeugen des Entstehens und der ersten Entwicklung seiner psychischen übernormalen Fähigkeiten: Bedeutsame Träume, Verdoppelung des Ich, Ekstasen, Beginn des Hellhörens, Auftauchen von Visionen, psychische und motorische Automatismen usw. Im April 1745 hatte er in London eine Christusvision. Swedenborg beschreibt diesen Vorgang folgendermaßen:

"Während der Nacht erschien mir ein Mann. Der Mann sagte, er sei Gott, der Herr, der Welt Schöpfer und Erlöser, und dass Er mich erwählt habe, den Menschen den geistigen Sinn der heiligen Schrift auszulegen und dass Er mir selbst diktieren werde, was ich schreiben solle über diesen Gegenstand. In der nämlichen Nacht wurde zu meiner Überzeugung die Geisterwelt, die Hölle und der Himmel mir geöffnet, wo ich mehrere Personen meiner Bekanntschaft aus allen Ständen fand. Von diesem Tage an entsagte ich aller weltlichen Gelehrsamkeit und arbeitete nur in geistigen Dingen, gemäß dem, was der Herr mir zu schreiben befahl. Täglich öffnete mir der Herr in der Folge die Augen meines Geistes, um bei völligem Wachen zu sehen, was in der anderen Welt vorging und ganz wach mit Engeln und Geistern zu reden."

"Die Vision dauerte ungefähr eine Viertelstunde. In dieser Nacht wurden die Augen meines inneren Menschen geöffnet; sie erhielten die Fähigkeit, in die Himmel, in die Geisterwelt und in die Höllen zu sehen. Von diesem Tag an gab ich das Studium der weltlichen Wissenschaften auf, um mich ganz den übersinnlichen Dingen zu widmen, gemäß dem, was mir der Herr zu schreiben befahl."

Swedenborgs Bibel Im gleichen Jahr veröffentlichte er eine halb wissenschaftliche, halb religiöse Abhandlung: De Cultu et Amore Dei (Über die Verehrung und Liebe Gottes), in der die Schöpfung der Welt, die Entstehung der lebendigen Formen und die Erscheinung des Menschen behandelt werden. Danach begann er, die Bibel im Urtext zu studieren und verfasste einen ersten Versuch allegorischer Schriftauslegung: Adversaria in Libros Veteris Testamenti, ein Werk, das jedoch erst nach seinem Tode erschienen ist. Interessant sind hauptsächlich die zahlreichen Stellen, in denen er seine übersinnlichen Erlebnisse wahrheitsgetreu aufgezeichnet hat. Sie bilden gewissermaßen den (verlorenen) Eingang zum Diarium Spirituale und beziehen sich auf die Jahre 1745 und 1746, während das Diarium zwischen 1757 und 1765 geschrieben wurde. Die Adversaria zeigen, dass er sich damals noch nicht ganz von der theologischen Gedankenwelt oder wenigstens der Begriffssprache seiner Zeit freigemacht hatte. Seine geistige Erleuchtung ließ noch zu wünschen übrig, obschon seine Sehergabe scheinbar schon ihre volle Blüte erreicht hatte.

Im Jahr 1748 begann er sein Opus Magnum, sein erstes theologisches Werk, die Arcana Coelestia (Himmlische Geheimnisse im Worte Gottes) niederzuschreiben, deren acht große Quartbände zwischen 1749 und 1756 die Presse verließen. Hier hat er sich ganz von der überlieferten Theologie losgemacht und Vers für Vers den inneren oder geistlichen Sinn der ersten zwei Bücher Moses sowie gewisser Teile des Neuen Testaments klargelegt. In diesem grundlegenden Werk findet sich schon seine ganze theologische Lehre.

Im Jahr 1758 veröffentlichte er nacheinander in London De Equo Albo in Apocalypsi (Das weiße Pferd), De Coelo et Ejus Mirabilibus et de Inferno (Vom Himmel und seinen Wunderdingen; Himmel und Hölle), De Telluribus in Mundo Nostro Solari (Die Erdkörper in unserem Sonnensystem), De Nova Hierosolymae de Domino (Die Lehre des Neuen Jerusalem vom Herrn) und De Ultimo Judicio (Vom jüngsten Gericht). Im selben Jahr setzt er die Niederschrift des im vorhergehenden Jahr begonnenen und unvollendet gebliebenen umfangreichen Werkes Apocalypsis Explicata Secundum Sensum Spiritualem (Die Offenbarung erklärt nach dem geistigen Sinn, Erklärte Offenbarung) fort, von dem er nur gewisse Auszüge veröffentlichte wie De Athanasii Symbolo, De Verbo usw. Im Jahr 1759 schrieb er noch verschiedene, in seinen nachgelassenen Werken herausgekommene kleine Abhandlungen. Vier Jahre später erschienen in Amsterdam vier kleine theologische Abhandlungen über den Herrn, die Heilige Schrift, das Leben und den Glauben, und auch zwei bedeutende Werke, betitelt: Sapientia Angelica de Divino Amore et de Divina Sapientia (Die Weisheit der Engel betreffend die göttliche Liebe und Weisheit), und: Sapientia Angelica de Divina Providentia (Die Weisheit der Engel betreffend die göttliche Vorsehung). In den folgenden Jahren schrieb er zahlreiche Werke, von denen er selbst nur die wichtigsten (in Amsterdam) veröffentlichte: Apocalypsis Revelata (Enthüllte Offenbarung Johannes, 1766), Delitiae Sapientiae de Amore Conjugali (Die Wonnen der Weisheit betreffend die eheliche Liebe, die Wolllüste der Torheit betreffend die buhlerische Liebe, 1768) und De Comercio Animae et Corporis (Der Verkehr zwischen Seele und Leib, wahrscheinlich als Antwort auf einen Brief von Kant, 1769). Endlich, 1771, das letzte, von ihm selbst veröffentlichte Werk, die Zusammenfassung seiner ganzen Lehre, Vera Christiana Religio (Die wahre christliche Religion). Vor seinem Tod schrieb er noch in lateinischer Sprache einen Appendix zu diesem Werk, der ebenso wie alle seine nachgelassenen Werke, von Professor Immanuel Tafel herausgegeben und dann in alle Sprachen der Kulturwelt übersetzt wurde.

Der schwedische Geschichtsschreiber Victor Nilsson schreibt in seinem Buch: Schweden, sein Volk und seine Geschichte, Stockholm 1910, Folgendes: "Wenn die theologischen Werke Swedenborgs zunächst die Ergebnisse seiner vielen wissenschaftlichen Forschungen in Misskredit bringen konnten, so hat dann sein Ruf als großer religiöser Denker den überstrahlt, den er sich mit soviel Recht als Gelehrter und als Philosoph erworben hatte." Dies zeigt, wie sehr zu Unrecht man in seinen religiösen Schriften nur "die Träume eines Geistersehers" oder die Faseleien eines Mystikers sehen würde.

Ein Unkundiger könnte auf den Gedanken kommen, Swedenborg habe nach seiner Erleuchtung die hervorragenden Eigenschaften verloren, durch die er als Wissenschaftler und Naturphilosoph glänzte, da doch die Mystiker die Forderungen der Vernunft und der Logik gerne auf die leichte Schulter nehmen. Was jedoch an den religiösen Werken des "Propheten aus dem Norden" vor allem auffällt, ist einerseits die völlige Abwesenheit jeder mystischen Benommenheit und andererseits das Fortbestehen einer nüchternen wissenschaftlichen Betrachtungsweise. Seiner Visionen wegen hat Swedenborg nie, weder in seinem metaphysischen System noch in seiner Theologie noch in seiner Sittenlehre irgendeinem irrationalen Element stattgegeben. Seine Visionen selbst fügen sich immer den Forderungen der anspruchsvollsten Logik und erklären sich restlos im Lichte der vom Verfasser dargelegten rationalen Prinzipien. Es sind durchaus nicht die Visionen einer beschaulichen Seele, sie tragen vielmehr das Gepräge eines zugleich beobachtenden und kritischen Geistes. Es ist Swedenborg in bewundernswerter Weise gelungen, Wissenschaft, Philosophie und Theologie in Einklang zu bringen. "Jetzt darf man auch mit der Vernunft in die Geheimnisse des Glaubens eindringen" (Nunc licet intellectualiter intrare in arcana fidei), diese Losung steht in goldenen Lettern auf dem erhabenen Giebel des theologischen Bauwerks geschrieben, das er errichtete. Der Mensch von heute soll verstehen und sich mit der Vernunft Rechenschaft geben von seinem Glauben. Swedenborg hat ihm hier seine Aufgabe erleichtert, indem er alle Schwierigkeiten verstandesmäßiger Art beseitigt hat, die mit jeder wörtlichen Auslegung der biblischen Texte unzertrennlich verbunden sind. Er hat darauf hingewiesen, dass die wahre Bedeutung und das göttliche Wesen dieser Texte vor Allem in ihrem verborgenen oder geistigen Sinn zu suchen sind. Emanuel Swedenborg gründet seine geistliche Auslegung der Bibel auf die "Wissenschaft der Entsprechungen, die zwischen der geistigen - oder der Welt der Ursachen - und der natürlichen - oder der Welt der Wirkungen - bestehen". Diese Wissenschaft der Entsprechungen hat es ihm erlaubt, die heilige Schrift so zu interpretieren, dass ein geistig normaler Mensch den Inhalt der Bibel verstehen kann.

Seine Theologie im engeren Sinn kann man kurz zusammenfassen: er hat den überlieferten Gedanken eines Rechtsverhältnisses zwischen Mensch und Gott durch die Auffassung eines organischen oder vitalen Bandes zwischen Schöpfer und Geschöpf ersetzt. In diesem Sinn haben die theologischen Dogmen des nordischen Denkers gleichsam die Art und den Wert biologischer Gesetze. In seinem System gleichen der Sündenfall, die Erlösung, die Menschwerdung, das Jüngste Gericht und die Wiederkunft des Herrn weniger den verschiedenen szenischen Ereignissen eines heiligen Schauspiels, einer Divina Commedia, als den aufeinanderfolgenden Abschnitten in der Geschichte der Lebensbeziehungen zwischen Gott und den Menschen.

Diese vitalistische Auffassung unseres Verhältnisses zur Gottheit liegt auch der swedenborgischen Moral zugrunde. Wie die Liebe des Menschen, so ist das geistige Leben, das in ihn einfließt. Recht handeln hat mehr Wert als recht denken. Omnis religio est vitae et vita eius est facere bonum: aus der Quelle dieses Wahlspruchs fließen bei ihm alle sittlichen Vorschriften.

"Ich habe oft zum König (Gustav III. von Schweden) gesagt", schrieb der erste Minister, Graf Hoepken, an den General Tuxen, "wenn der Fall vorkäme, einen neuen Staat zu gründen, so wäre keine Religion geeigneter, ihm Kraft und Beständigkeit zu sichern, als die von Swedenborg bekannt gemachte. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens, weil diese Religion, mehr als jede andere, ehrliche und fleißige Bürger heranzubilden strebt, denn sie lehrt, dass die Gottesverehrung im Leben und in den guten Werken besteht. Dann aber schwächt sie die Angst vor dem Tod. Die Lehre der neuen (swedenborgischen) Kirche ist klarer und für die Vernunft befriedigender als jede andere. Sie ist unvereinbar mit Fanatismus und Aberglauben jeder Art, diesen bösen Geißeln der Welt. Endlich finde ich in seinem System eine Einfachheit, einen Zusammenhang, eine Logik, wie sie ganz dem gleichen, was ich überall in der Natur, das heißt in den Werken Gottes, finde."

Diese Meinung des Grafen Hoepken versteht man um so besser, als für Swedenborg die Liebe zum Nächsten notwendig die Liebe zum Vaterland, zur Menschheit, zur Kirche einschließt. Die christliche Liebe besteht wesentlich darin, dass man die Pflichten seines Berufs erfüllt in dem Wunsche, sich der Allgemeinheit nützlich zu machen. Schon im Diesseits nehmen wir teil am Leben des Himmels oder der Hölle, da Himmel und Hölle vor allem geistige Zustände sind, die von der guten oder bösen Natur unserer Gemütsbewegungen abhängen.

Dieser swedenborgische Himmel ist ein Zustand vollkommenen Lebens, in dem jeder mit Freuden die Stelle ausfüllt, für die er am besten passt. Und die Hölle ist kein Ort der Strafe, sondern eine Lebensform rein selbstsüchtiger Art, die dem wesentlich selbstlosen Charakter des aus Gott fließenden Lebens entgegen ist. Die Lehre Swedenborgs ist in hohem Maße lebensbejahend. Er ächtet keine Gattung der Freude grundsätzlich. Für ihn sind alle Freuden, auch die der Sinne, gut an sich, vorausgesetzt, dass sie sich in den für sie bestimmten Grenzen halten und dass sie der Mensch nicht unabhängig von den Zwecken begehrt, mit denen sie von Rechts wegen verknüpft sind.

So zeigt sich Swedenborg in seiner sexuellen Ethik zugleich hoch idealistisch und sehr weiten Geistes. Für Emerson ist De Amore Conjugiali (Eheliche Liebe) die erhabenste, zum Preis der vergeistigten Liebe geschriebene Dichtung. Darum verwirft aber Swedenborg die Liebe zum Geschlecht nicht als an sich höllisch. Sie ist vielmehr ein natürlicher Trieb, den es nicht zu unterdrücken, sondern zu vergeistigen und zu reinigen gilt, wenn man sich nicht endgültig unfähig machen will für das Glück des Himmels, das ganz und gar Unschuld ist. Darum lehrt er auch, dass es eine eheliche Liebe im Himmel gibt.

Die Lehre von der Ewigkeit dieser Liebe gründet er auf psychologische Erwägungen, gegen deren durchschlagende Kraft sich nur schwer etwas sagen lässt. Niemand hat wohl besser als er das Wesen des seelischen Unterschieds zwischen Mann und Frau erfasst. Für ihn ist das Geschlecht eine Sache der Seele ebenso sehr, wenn nicht noch mehr, als eine des Körpers.

Das sind in großen Zügen die Merkmale der swedenborgischen Theologie und Sittenlehre, in denen rein nichts den Ausgeburten eines schwärmerischen Geistes gleicht. "Den bedeutendsten Schritt, den die Religionsgeschichte der neueren Zeiten vorwärts getan hat, haben wir dem Genius Swedenborgs zu verdanken. Den Wahrheiten, die aus seinem System heraus in allgemeinen Umlauf kamen, begegnet man nun jeden Tag, da sie die Ansichten und die Bekenntnisse aller Kirchen und der Menschen außerhalb der Kirche beeinflusst haben.

Über eine der Grundlehren seiner Metaphysik hat sich Professor L. F. Hite folgendermaßen ausgesprochen: "Swedenborgs Auffassung von der Liebe ist neu in der Geschichte des menschlichen Denkens und philosophisch die bedeutendste von allen Grundideen, die die Menschheit je gebildet hat. Der Begriff der Substanz und der Begriff der Ursache wurden von ihm anschaulich gebraucht in einer Weise, die ihnen eigentlich einen ganz neuen Inhalt verlieh. Diesen anschaulich fassbaren Sinn gab er ihnen in seiner Lehre von der Liebe." "Und diesen Mann", rief der große englische Dichter S. T. Coleridge aus, "hat man als irrsinnig hinstellen wollen! O wir drei- und viermal Glücklichen, wenn es nur den Gelehrten und Lehrenden dieses Zeitalters gegeben wäre, auch an dieser Narrheit zu leiden." "Swedenborg", sagt Henry James, der Vater des berühmten Psychologen, "hatte den gesündesten und umfassendsten Geist, den dieses Zeitalter gesehen hat." (Zitiert in: The Testimony of Genius.) Für diese Behauptung haben wir noch einen Beweis eigener Art in der tätigen Anteilnahme Swedenborgs an den Arbeiten des schwedischen Parlaments. "Bis in sein höchstes Alter hinein", schreibt einer seiner Landsleute, "interessierte er sich für die Finanzverwaltung und die politischen Geschäfte seines Vaterlandes, in den Sitzungszeiten des schwedischen Reichstags und auch in den Zwischenzeiten. Eine große Zahl von Schriftsätzen legen davon Zeugnis ab." "Sein Urteil in diesen Dingen", schreibt ein anderer schwedischer Schriftsteller, "war immer sicher, rasch und treffend." Einer der besten Kenner in diesen Angelegenheiten, der Minister Graf Hoepken, erklärt, die gründlichsten und am besten geschriebenen Denkschriften beim Reichstag von 1761 über Finanzsachen seien die von Swedenborg eingereichten gewesen.

Zum Schluss noch einige kurze Auszüge aus einer Urkunde, deren Gewicht man nicht verkennen wird. Es ist die Rede zum Andenken Swedenborgs, gehalten im großen Saal des Herrenhauses im Namen der Königlichen Akademie der Wissenschaften, von dem Mitglied dieser Akademie, dem Ritter Sandel: "Meine Herren", beginnt er, "erlauben Sie mir in dieser Stunde, Ihre Gedanken nicht auf einen fremden, ermüdenden Gegenstand zu lenken, sondern auf das angenehme Andenken an einen durch Tugend und Gelehrsamkeit berühmten Ehrenmann, den wir als eines der ältesten Mitglieder dieser Akademie alle kannten, alle liebten. Er war eines der umfassendsten Genies, das nie ruhte, nie ermüdete, das sich mit den tiefsinnigsten Wissenschaften beschäftigte und so viele Jahre auf die Erforschung der Naturgeheimnisse verwendete, in späterer Zeit aber alles aufbot, um in noch größere Geheimnisse einzudringen, aber niemals die Moral noch die Gottesfurcht aus den Augen setzte, das eine besondere Geistesstärke besaß, selbst in seiner am Ende sehr alten Hülle, aber auch da noch kühn versuchte, wie hoch die Denkkraft gespannt werden könne. Stellen Sie sich vor eine glückliche Vereinigung von Gedächtnis, Fassungskraft und Beurteilungsgabe. Dabei das beste Herz, geläutert nach den Lebensregeln, die er sich zu seiner eigenen Ermahnung aufgezeichnet hatte. Er hatte mehrere Wechsel, die sich auf unserem Königsthron zugetragen, erlebt und stand in allen Zeiten in besonderer Gnade bei den Landesherren. Wie er zugleich stets zufrieden in sich und mit allen seinen Verhältnissen war, so lebte er ein in jeder Hinsicht glückliches, ja höchst glückliches Leben. Er entschlief in London in seinem fünfundachtzigsten Lebensjahr, satt des irdischen Lebens, und froh, seiner Verwandlung entgegenzugehen."


Alle Zitate stammen - soweit nicht anders gekennzeichnet - aus den Büchern "Swedenborg und die übersinnliche Welt", von H. de Geymüller, erschienen im Swedenborg-Verlag, Zürich und "Emanuel Swedenborg Leben und Lehre" aus dem Swedenborg-Verlag, Zürich




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